Die größten Familienunternehmen in Deutschland Daten, Fakten, Potenziale Durchgeführt vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn er e d 2015 s s i g ebn gun Erg befra hrs hja ü r F Impressum Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin Telefon: +49 30 20 28-14 64 www.bdi.eu Deutsche Bank AG Taunusanlage 12 60325 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 910-3 90 18 www.deutsche-bank.de Wissenschaftliche Bearbeitung: Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Maximilianstraße 20 53111 Bonn Telefon: +49 228 72 99 7-0 www.ifm-bonn.org Projektteam: Susanne Schlepphorst, Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Dr. Siegrun Brink, Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn PD Dr. Arndt Werner, Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Christoph Lamsfuß, Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Verantwortlich: Barbara Böttcher, Deutsche Bank Research Josef Düren, BDI Annika Jochum, BDI Dr. Alexander Winkler, Deutsche Bank Gestaltung: Die G2 Werbeagentur GmbH Gerhardt & Gustmann, Frankfurt am Main Druck: Franz Kuthal GmbH & Co. KG, Mainaschaff Stand: Mai 2015 Fotos: Titel: © sonya etchison/Fotolia; © PanOptika/Fotolia; © Thor Jorgen Udvang/Fotolia; © Bernd Kröger/Fotolia; © Yuri Arcurs/Fotolia; © idrutu/Fotolia; © Bürgi/Fotolia; © Thaut Images/Fotolia; © sculpies/Fotolia; © photlook/Fotolia © Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Deutsche Bank AG Inhalt Zusammenfassung  4 1. Einleitung 6 2. Daten und Fakten 7 3. Aktuelle Wirtschaftslage 10 4. Auslandsaktivitäten der großen Familienunternehmen 16 Internationalisierung in Zahlen 16 Schwerpunkte der Internationalisierung: Heute und in Zukunft 18 TTIP und seine Folgen für die großen Familienunternehmen 26 5. Finanzierung und Investitionen 30 6. Ausblick 35 Literaturverzeichnis39 3 Zusammenfassung Große Familienunternehmen in guter bis sehr guter wirtschaftlicher Verfassung Die großen Familienunternehmen bewerten ihre aktuelle Wirtschaftslage mehrheitlich positiv. Aber auch für die kommenden 12 Monate sind die Unternehmen positiv gestimmt. Auffällig: Kein Familienunternehmen erwartet eine deutliche Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage. Diese positive Stimmung spiegelt sich unter anderem in den Investitions- und Rekrutierungsplänen der teilnehmenden Unternehmen wider. Die größten Risiken: Konjunkturaussichten und geopolitische Krisen Aktuell profitieren die Unternehmen von einer starken deutschen Binnennachfrage. Doch die schwächelnde konjunkturelle Entwicklung des EU-Raumes wird mit zunehmender Sorge betrachtet. Die EU-Sanktionen infolge des Ukraine-Russland-Konflikts spüren die großen Familienunternehmen bereits heute – und mehr als jedes zweite Unternehmen geht davon aus, dass sich die Folgen des Konflikts auch in naher Zukunft belastend auf den Umsatz auswirken werden. Auslandsengagement bleibt stark – USA gewinnt an Bedeutung Nahezu neun von zehn Unternehmen sind auf internationalen Märkten aktiv. Der schwache Euro trägt dazu bei, dass die großen Familienunternehmen in stärkerem Ausmaß als 2013 ihre Waren und Dienstleistungen ins Ausland ausführten. Ihr wichtigster Absatzmarkt ist Frankreich. Die Zeichen deuten aber darauf hin, dass die Führungsposition in den nächsten drei Jahren an die USA gehen könnte. Auch als Produktionsstandort gewinnen die USA an Bedeutung. 4 TTIP als Chance Gerade im Hinblick auf die intensiven wirtschaftlichen Verflechtungen mit den USA bietet das Handels- und Investitionsabkommen TTIP große Chancen – das sehen auch die großen Familienunternehmen so: Sie erwarten, dass sie durch Zollerleichterungen und durch die gegenseitige Anerkennung von Test-, Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren ihr Engagement intensivieren und Kosten sparen können. Mehr Finanzierungsmöglichkeiten, weniger Zinsaufwendungen Das anhaltend niedrige Zinsniveau wirkt sich überwiegend positiv auf die großen Familienunternehmen aus: Finanzierungsmöglichkeiten sind gestiegen, für ihre Kredite müssen die großen Familienunternehmen weniger zahlen. Dennoch: Angesichts der globalen unsicheren geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sehen viele Familienunternehmen von einem verstärkten investiven Engagement ab. Vorsicht, Falle: Pensionsrückstellungen Anlass zur Sorge bereiten die Pensionsrückstellungen. Die Einhaltung der Pensionsver­ sprechen gestaltet sich durch die Niedrigzinsphase schwieriger. Schon heute berichtet jedes dritte große Familienunternehmen von höheren Beiträgen zur betrieblichen Altersvorsorge. Allerdings hat mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen noch keine Anpassungen vorgenommen. 5 1. Einleitung Die wirtschaftliche Stimmungslage ist in den großen deutschen Familienunternehmen gut: Die deutsche Wirtschaft wächst derzeit kräftig, deutsche Konsumenten sind in Kauflaune und die Arbeitslosenzahlen sind sehr niedrig. Getrübt wird die positive Stimmung allerdings durch geopolitische Auseinandersetzungen und durch die Eurokrise, die seit 2009 immer wieder aufflackert. Dies zeigt die aktuelle Frühjahrsbefragung der größten Familienunternehmen. Im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI) und der Deutsche Bank AG beleuchtet das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn seit 2009 die Entwicklung der großen Familienunternehmen. Dabei werden zunächst die großen Familienunternehmen in Deutschland identifiziert, deren Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung analysiert und – darauf aufbauend – deren volkswirtschaftliche Bedeutung ermittelt.1 Anschließend werden von den so ermittelten größten 4.500 Familienunternehmen rund 400 repräsentative und zufällig ausgewählte Unternehmen zu aktuellen Themen befragt. In der vorliegenden Frühjahrsbefragung 2015 stand die Einschätzung zur aktuellen und künftigen Wirtschaftslage im Fokus. Vor dem Hintergrund der weltweit andauernden Krisen wurden darüber hinaus die größten Risiken der großen Familienunternehmen der nächsten 3 Jahre beleuchtet. Einen weiteren Schwerpunkt der Befragung bildeten die Internationali­ sierungs­a ktivitäten der großen Familienunternehmen und deren Finanzierungs- und Investitionsverhalten unter besonderer Berücksichtigung der andauernden Niedrigzinsphase. An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei den teilnehmenden Unternehmen für ihre Unterstützung bedanken, ohne die diese Studie nicht möglich gewesen wäre. 1 6 Siehe Kennzahlen-Update 2014 (Lamsfuß 2014). 2. Daten und Fakten Untersuchungsdesign Grundlage für die aktuelle Befragung stellt eine repräsentative Stichprobe aus der im Herbst 2014 erstellten Datenbank der 4.497 großen Familienunternehmen in Deutschland dar.1 Die Unternehmen wurden vom 03. Februar bis zum 12. März 2015 primär mittels 15-minütiger Telefoninterviews (CATI) durch TNS Emnid befragt. Den Teilnehmern stand auch die Möglichkeit offen, über eine webbasierte CAWI-Befragung online an der Studie teilzunehmen. Insgesamt wählten von den 400 Teilnehmern 174 die Online-Variante, 219 das persönliche Telefoninterview und sieben Teilnehmer gaben ihre Antworten per Fax oder E-Mail ab. Obwohl das Studiendesign nicht als Panel angelegt ist, nahmen rund 37 % der befragten Unternehmen bereits an der Frühjahrsbefragung 2014 teil. Hierdurch sind zusätzliche Auswertungen möglich, die u. a. Tendenzaussagen zu der wirtschaftlichen Entwicklung der großen Familienunternehmen im Jahr 2014 im Vergleich zu den Vorjahren zulassen. Merkmale der befragten Unternehmen Sechs von zehn Familienunternehmen sind im industriellen Bereich tätig, während gut ein Viertel Handelsunternehmen sind und rund jedes siebte dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen ist. Damit weicht die Branchenstruktur der 400 befragten großen Familienunternehmen kaum von denen der vergangenen Befragungen ab. 1 Vgl. Lamsfuß / Wallau (2013, S. 25). 7 400 der größten Familienunternehmen beteiligten sich an der Befragung Wirtschaftsbereiche der befragten Familienunternehmen in % 15,0 Industrie 26,5 n = 400 58,5 Handel Dienstleistungen © IfM Bonn 1/ 2015 Im Jahr 2014 erwirtschafteten die untersuchten Familienunternehmen einen durchschnittlichen Jahresumsatz i. H. v. 369 Mio. Euro. Jedes zweite Unternehmen erzielte einen Umsatz von 120 Mio. Euro und mehr, während – wie in den Vorjahren – knapp vier von zehn Unter­ nehmen weniger als 100 Mio. Euro Jahresumsatz erwirtschafteten. Im Durchschnitt beschäftigten die großen Familienunternehmen zum Stichtag 31.12.2014 weltweit 1.658 Arbeitnehmer. Insgesamt arbeiteten knapp zwei Drittel aller Beschäftigten in Industrieunternehmen, rund ein Viertel im Dienstleistungssektor und etwa jeder siebte Beschäftigte im Handel. Im Vergleich zu den industriellen Familienunternehmen sind die Unternehmen in der Handelsbranche und im Dienstleistungsbereich kleiner. 8 Mehrheit der befragten Familienunternehmen beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter Beschäftigungsgrößenklassen der befragten Familienunternehmen nach Wirtschaftsbereichen Durchschnittliche Beschäftigtenzahl Industrie 15,5 % 21,0 % 48,6 % Handel Insgesamt 28,3 % bis 249 250 bis 499 37,3 % 21,9 % 43,1 % Dienstleistungen n = 396 26,2 % 10,4 % 19,7 % 500 bis 999 15,5 % 22,2 % 17,1 % 1.807 12,4 % 755 31,0 % 2.695 29,8 % 1.658 1.000 und mehr © IfM Bonn 1/ 2015 Branchenspezifische Unterschiede zeigen sich auch in den oberen Größenklassen: Knapp vier von zehn der industriellen Familienunternehmen hatten 1.000 und mehr Beschäftigte und mit durchschnittlich rund 1.800 Mitarbeitern den größten Beschäftigtenstamm. Während nur jedes siebte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt hatte, lag der Anteil der familien­ geführten Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern im Handels- und Dienstleistungssektor bei 48,6 % bzw. 43,1 %. 9 3. Aktuelle Wirtschaftslage Aktuelle Wirtschaftslage: Großen Familienunternehmen geht es gut Die gute Konjunktur Ende 2014 und zum Jahresauftakt spiegelt sich auch in der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage der großen Familienunternehmen wider: Im Frühjahr 2015 schätzt die Hälfte der Befragten die wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens als gut, etwa jedes zehnte sogar als sehr gut ein. Demgegenüber kommen lediglich knapp 6 % der Familienunternehmen zu einem negativen Urteil. Aktuell: (sehr) gute Wirtschaftslage Beurteilung der gegenwärtigen Wirtschaftslage in % n = 388 10,6 50,0 33,5 5,4 0,5 sehr gut gut befriedigend schlecht sehr schlecht © IfM Bonn 1/ 2015 Der positive Trend der letzten Jahre setzt sich damit fort: Die positiven Nennungen über­ steigen die negativen bereits im dritten Jahr in Folge. Auch wenn der hohe Zufriedenheitswert der Frühjahrsbefragung 2012 nicht ganz erreicht wurde, belegt dieses Ergebnis doch die gute wirtschaftliche Verfassung der großen deutschen Familienunternehmen. 10 Positive Beurteilung der Wirtschaftslage hält an Beurteilung der gegenwärtigen Wirtschaftslage im Zeitraum 2012 bis 2015 Beurteilungssaldo* in % 2,5 Frühjahr 2012 (n = 401) 73,3 Frühjahr 2013 (n = 396) 24,2 54,0 Frühjahr 2014 (n = 390) 40,9 58,7 Frühjahr 2015 (n = 388) 34,1 60,6 (sehr) gut befriedigend *Beurteilungssaldo in %: (sehr) gut abzüglich (sehr) schlecht 33,5 + 70,8 5,1 + 48,9 7,2 + 51,5 5,9 + 54,7 (sehr) schlecht © IfM Bonn 1/ 2015 Die großen Familienunternehmen mit Umsatzplus und Beschäftigungsaufbau Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in der guten Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung der 148 großen Familienunternehmen wider, die sowohl an der aktuellen als auch an der letzten Frühjahrsbefragung 2014 teilgenommen haben: 57,0 % dieser Unternehmen haben im Jahr 2014 einen höheren Umsatz erwirtschaftet als im Jahr zuvor, während knapp drei von zehn Unternehmen Umsatzeinbußen hinnehmen mussten (28,2 %). Mit 53,7 % stellte die Mehrheit dieser Unternehmen auch zusätzliches Personal ein, während lediglich drei von zehn Unternehmen gezwungen waren, ihren Personalbestand zu reduzieren. Damit setzt sich der positive Trend der letzten Jahre fort. 11 Konjunkturelle Entwicklung und geopolitische Spannungen: Familienunternehmen sind besorgt Die größten Risiken aus Sicht der Unternehmer sind in den nächsten drei Jahren die wirtschaftliche und die geopolitische Entwicklung. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft ist vor allem durch die inländische Binnennachfrage getrieben, während sich der Euroraum als eine der bedeutendsten Absatzregionen – trotz vermehrt positiver Signale – auf absehbare Zeit wohl eher schwach entwickeln dürfte. Nicht verwunderlich also, dass die konjunkturelle Entwicklung insbesondere aus Sicht der exportierenden großen Familienunternehmen als Risiko eingeschätzt wird. Die größten Sorgen: Konjunktur und geopolitische Risiken Die größten Risiken für das Unternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre in % Konjunkturelle Entwicklung 57,4 Geopolitische Risiken 50,8 Marktrisiken 50,5 46,4 Eurokrise Fachkräftemangel 43,4 Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise 43,1 33,4 Finanzmarktrisiken 30,1 Rechtliche Risiken 23,7 Steuerliche Risiken 21,2 Risiken im IT-Bereich 19,1 Risiken aus Geschäftsprozessen 11,5 Familiäre Risiken Nichts davon n = 397, Mehrfachnennungen 1,3 © IfM Bonn 1/ 2015 Die stark exportorientierten Familienunternehmen spüren die Auswirkungen der gegen Russ­ land verhängten Sanktionen und die schwache wirtschaftliche Entwicklung des Landes – deutsche Exporte nach Russland schrumpfen. So landen geopolitische Risiken auf Rang zwei der Liste der größten Risiken der nächsten drei Jahre. Insgesamt sieht die Hälfte der großen Familienunternehmen hier eine Gefahr für die eigene unternehmerische Tätigkeit. 12 Ukraine-Krise: Umsatzeinbußen befürchtet Auch zukünftig wird sich diese Entwicklung nach Ansicht der großen Familienunternehmen fortsetzen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen erwartet in den nächsten zwölf Monaten negative Folgen für das eigene Unternehmen (56,9 %) als Konsequenz der Ukraine-Krise – insbesondere in Form von rückläufigen Umsätzen. Ukraine-Krise wird sich negativ auswirken Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Unternehmen in den nächsten 12 Monaten in % Werden Konsequenzen für das eigene Unternehmen erwartet? 67,3 Rückläufige Umsätze Steigende Energie- und Rohstoffpreise 33,6 Reduzierung von Investitionen 43,1 56,9 27,4 Veränderung der logistischen Lieferkette 24,2 Verlust von Arbeitsplätzen Verlust von bereits getätigten Direktinvestitionen Sonstiges Nein 16,1 9,4 7,2 Ja n = 394, Mehrfachnennungen © IfM Bonn 1/ 2015 Aber auch steigende Energie- und Rohstoffpreise und ein nachlassendes investives Engagement sind nach Einschätzungen der Unternehmen denkbar. Nur wenige Unternehmen erwar­ten hingegen, dass aufgrund der Ukraine-Krise Arbeitsplätze oder bereits getätigte Direktinvestitionen verloren gehen. 13 Familienunternehmen dürfen technologischen Fortschritt nicht verpassen Fast ebenso riskant wie die geopolitischen Spannungen schätzen die großen Familienunternehmen allgemeine Marktrisiken ein (50,5 %). Hierzu zählen nicht nur technologische (Neu-)Entwicklungen, sondern auch eine Intensivierung des Wettbewerbs beispielsweise durch zunehmende (internationale) Konkurrenz. Nach Ansicht der großen Familienunternehmen dürfte es auch für die Krise im Euroraum auf absehbare Zeit keine Lösung geben: Knapp die Hälfte der Unternehmen stuft die weiterhin schwelende Eurokrise als Gefahrenherd für die eigene unternehmerische Tätigkeit ein (46,4 %). Daneben geht auch von dem Fachkräftemangel (43,4 %) und der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise (43,1 %) ein Risiko für die Unternehmen aus. Deutlich weniger Bedeutung messen die großen Familienunternehmen Risiken auf Unternehmensebene bei, wie Risiken aus Geschäftsprozessen oder dem familiären Umfeld (19,1 % bzw. 11,5 %). Zuwanderung: Handlungsbedarf seitens der Politik Infolge des demografischen Wandels bleiben viele Stellen unbesetzt. Kann die Zuwanderung einen Beitrag zur Eindämmung des (drohenden) Fachkräftemangels leisten? Nach Ansicht der großen Familienunternehmen kann die Antwort nur Ja lauten: Laut drei von vier großen Familienunternehmen hilft Zuwanderung, den Fachkräftemangel anzugehen. Zuwanderung: Hausaufgaben für die Politik Einschätzungen zur Zuwanderung(-spolitik) in % Die Politik muss mehr tun, um die Qualifikation von in Deutschland lebenden Migranten zu verbessern 76,3 75,1 Zuwanderung steigert die Verfügbarkeit von Fachkräften Die Politik muss für eine einfachere Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen sorgen 59,2 Die Politik muss im Ausland aktiver für den Beschäftigungsstandort Deutschland werben 49,1 41,3 Zuwanderung ist für unser Unternehmen unverzichtbar Nichts davon n = 397, Mehrfachnennungen 14 6,3 © IfM Bonn 1/ 2015 Wichtiger ist nach Ansicht der Familienunternehmen aber, dass die Politik etwas für die bereits in Deutsch­land lebenden Migranten tut. Die Unternehmen fordern die Politik auf, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das betrifft insbesondere die Verbesserung der Qualifikation von in Deutschland lebenden Migranten (76,3 %) und auch die vereinfachte Anerkennung der im Ausland erworbenen Kompetenzen (59,2 %). Risikomanagement ist Chefsache Im Schnitt sind in den großen Familienunternehmen zwei Personen für das Risikomanagement zuständig. Einer der beiden ist in der Regel in der Geschäftsleitung aktiv. In neun von zehn Fällen fällt dieses Thema in den Verantwortungsbereich der obersten Führungsebene. Risikomanagement ist im Top-Management angesiedelt Zuständige Personen für die Risikoerfassung im Unternehmen in % 91,1 Geschäftsleitung 53,4 Kaufmännische Leitung 29,8 Qualitätsmanagement-Beauftragte(r) 27,0 Risikomanagement-Beauftragte(r) 22,6 Abteilungsleiter(in) Kein Risikomanagement n = 397, Mehrfachnennungen 1,0 © IfM Bonn 1/ 2015 Das zeigt auch den hohen Stellenwert, den das Risikomanagement – nicht zuletzt seit der weltweiten Finanzkrise 2009 – für die Unternehmen bekommen hat. Dafür spricht auch, dass es in nahezu allen großen Familienunternehmen jemanden gibt, der für die Erfassung von Risiken zuständig ist. 15 4. Auslandsaktivitäten der großen Familienunternehmen Der weltweite Handel von Produkten und Dienstleistungen und grenzüberschreitende ­Investitionen sind für die großen deutschen Familienunternehmen von elementarer Bedeutung: Im Geschäftsjahr 2014 exportierten fast 80 % Waren und Dienstleistungen ins Ausland – im Vergleich zum Vorjahr (78,4 %) ist der Anteil der exportierenden großen Familienunternehmen leicht gestiegen. Es lässt sich daher konstatieren: Die großen Familienunternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zu Deutschlands Exportstärke. Internationalisierung in Zahlen Exportgeschäft zieht 2014 wieder an Die Belebung der globalen Konjunktur macht sich auch bei den großen Familienunternehmen bemerkbar: Betrug ihre Exportquote1 im Jahr 2013 noch 28,9 %, wuchs diese in 2014 deutlich um 4 Prozentpunkte und liegt nun bei 32,9 %.2 Der schwache Euro-Kurs forciert die Auslandsnachfrage zusätzlich.3 Die positive Entwicklung des Exportgeschäfts im Jahr 2014 bestätigt auch der Vergleich der Exportquoten der großen Familienunternehmen, die sowohl an der aktuellen als auch an der letzten Frühjahrsbefragung teilgenommen haben. Fast die Hälfte dieser Unternehmen verzeichnete im vergangenen Jahr eine Zunahme der Exportquote, während ein Viertel der Unternehmen weniger Umsätze mit dem Export von Waren und Dienstleistungen erzielte. Industrielle Familienunternehmen besonders exportstark Die Bedeutung des Exports unterscheidet sich aber nach Branche: Als besonders exportstark erweisen sich – wie im Vorjahr – die industriellen Familienunternehmen: Lediglich 5,9 % geben hier an, keine Waren oder Dienstleistungen ins Ausland zu exportieren. Dagegen liegt der Anteil der industriellen Familienunternehmen, die mindestens die Hälfte ihres Umsatzes über den Export erwirtschafteten, bei fast 50 %. Im Handel weist hingegen nur rund eins von zehn Unternehmen eine Exportquote von 50 % und mehr auf (2014: 11,9 %), während – wie im Vorjahr – vier von zehn angaben, 2014 ausschließlich auf dem deutschen Binnenmarkt aktiv gewesen zu sein. 1 2 3 16 Die Exportquote ist der Anteil des Exportumsatzes am Gesamtumsatz. Vgl. Lamsfuß / Brink / Wallau (2014, S. 9). Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Export deutscher Unternehmen insgesamt um 3,7 % (vgl. Statistisches Bundesamt 2015a). Export bleibt wesentlicher Bestandteil des Gesamtumsatzes Verteilung der Exportquoten nach Wirtschaftsbereichen im Geschäftsjahr 2014 Durchschnittliche Exportquote in % Industrie 5,9 15,8 31,7 37,8 Handel 46,6 41,8 45,0 12,2 8,2 13,6 1,8 47,3 Dienstleistungen Insgesamt 20,3 0% 30,9 24,9 0,1 bis 24,9 % 25 bis 49,9 % 22,2 20,0 32,6 19,0 32,9 50 % und mehr n = 374 © IfM Bonn 1/ 2015 Neben der Branche ist die Unternehmensgröße für die Intensität des Exportgeschäfts entscheidend: Familienunternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten erwirtschafteten knapp ein Viertel ihres Gesamtumsatzes durch das Exportgeschäft, Familienunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten mehr als 40 %. Dies ist in der besseren Ressourcenausstattung und größeren Internationalisierungserfahrung begründet, die mit der zunehmenden Unternehmensgröße einhergeht. Diese hilft ihnen dabei, ihr Exportgeschäft und damit den Anteil des Umsatzes, den sie mit dem Export von Waren und Dienstleistungen erzielen, auszuweiten. Hoher Beschäftigungsanteil an ausländischen Standorten, dennoch: Mehrheit der Beschäftigten ist im Inland tätig Im Ausland aktive (Familien-)Unternehmen beschäftigen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil ihrer Belegschaft an ausländischen Standorten. In fast jedem fünften Familienunternehmen waren 2014 mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer im Ausland tätig. Knapp jedes siebte der großen Familienunternehmen beschäftigte die Mehrheit der Belegschaft im Ausland. Nur rund ein Drittel hatte keine Auslandsbeschäftigten. Insgesamt lässt sich ein leichter Trend zu mehr Beschäftigung im Ausland feststellen: 2013 hatten noch 40 % der Befragten keine Beschäftigten im Ausland. 17 Fast zwei Drittel der Familienunternehmen beschäftigt Mitarbeiter im Ausland Anteil der Auslandsbeschäftigten an allen Beschäftigten nach Wirtschaftsbereichen 2014 in % Industrie 21,7 33,0 20,9 24,4 68,7 Handel 21,9 45,3 Dienstleistungen Insgesamt 32,1 36,9 0% 0,1 bis 24,9 % 30,1 25 bis 49,9 % 3,8 14,0 3,1 6,3 18,8 19,0 50 % und mehr n = 379 © IfM Bonn 1/ 2015 Insbesondere bei den industriellen Familienunternehmen spiegelt sich die hohe Bedeutung des Auslandsgeschäfts auch in der Zahl der im Ausland beschäftigten Mitarbeitern wider: Fast jedes vierte industrielle Familienunternehmen hat 50 % und mehr seiner Beschäftigten im Ausland. Im Dienstleistungssektor trifft dies auf knapp jedes fünfte und im Handel auf etwa jedes sechzehnte zu. Grund dafür sind unterschiedliche Internationalisierungsformen, die von den Familienunternehmen genutzt werden. So sind es vor allem die Industrieunternehmen, die beschäftigungsintensive Produktionsstätten im Ausland ­betreiben. Schwerpunkte der Internationalisierung: Heute und in Zukunft Absatzchancen, geografische Nähe, kulturelle und rechtliche Rahmenbedingungen – eine Vielzahl von Faktoren entscheidet darüber, auf welchen internationalen Märkten ein Unter­ nehmen aktiv ist oder in naher Zukunft sein wird. Deshalb wurden die großen deutschen Familienunternehmen nach 2011 nun zum zweiten Mal nach ihren drei wichtigsten Exportländern heute und in den nächsten drei Jahren befragt.1 1 18 Vgl. Boerger / Lamsfuß / Wallau (2011, S. 14). Frankreich ist wichtigstes Exportland Die Top 3 der wichtigsten Exportländer sind aktuell Frankreich, gefolgt von den USA und ­China. Wie in der Frühjahrsbefragung 2011 ist Frankreich damit weiterhin der bedeutendste Abnehmer ausgeführter Produkte und Dienstleistungen großer deutscher Familienunternehmen.1 Zukünftiges Exportland Nr. 1: USA Die drei wichtigsten Exportländer heute und in drei Jahren in % Heute Rang 1. Frankreich 2. USA 3. China 4. Österreich 5. Niederlande 6. Schweiz 7. Polen 8. Großbritannien 9. Italien 10. Russland 34,9 36,1 +1 1. USA 2. Frankreich 3. China 4. Österreich 18,0 5. Polen 17,6 6. Schweiz 7. Niederlande 13,9 –2 15,9 7. Großbritannien 13,9 +1 15,6 9. Italien 10. Russland 32,9 21,4 20,0 16,9 10,8 Rangänderung In drei Jahren Rang n = 295, Mehrfachnennungen 30,4 27,9 19,3 15,7 14,6 13,2 8,2 –1 0 0 +2 0 0 0 © IfM Bonn 1/ 2015 Entgegen den Prognosen der Frühjahrsbefragung 2011 hat sich Indien nicht unter den bedeutendsten Absatzmärkten durchgesetzt (2011: Platz 5); im aktuellen Ranking erscheint Indien nicht unter den Top 10, f ührt China aktuell nicht das Ranking der wichtigsten Exportmärkte an, hat die Bedeutung Russlands deutlich an Gewicht verloren. 1 Vgl. auch Statistisches Bundesamt (2015b, S. 2); DIHK (2015). 19 Ein Blick in die Zukunft zeigt: USA und Polen gewinnen an Bedeutung Hinsichtlich der Bedeutung der USA als Exportland für Waren und Dienstleistungen bestätigen sich die Prognosen aus dem Frühjahr 2011: Die USA sind in den letzten Jahren für die großen Familienunternehmen – insbesondere für die industriellen Unternehmen – als Exportland deutlich wichtiger geworden (+7,6 Prozentpunkte). Im Laufe der nächsten drei Jahre wird der US-Markt sogar den Spitzenplatz von Frankreich übernehmen. Ursachen dieser Entwicklung dürften im Wesentlichen die konjunkturelle Erholung der US-Wirtschaft und der schwache Euro sein. Bemerkenswert ist auch der Aufstieg von Polen, das sich seit der Frühjahrsbefragung 2011 von Rang 10 auf Rang 7 verbessert hat (+4,7 Prozentpunkte). Als direktes Nachbarland, das seit Jahren ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum1 aufweist, gilt Polen damit als ein zunehmend wichtiger und vielversprechender Handelspartner. Den Einschätzungen der befragten Unternehmen zufolge ist von einer zunehmenden Bedeutung Polens als Empfänger deutscher Waren und Dienstleistungen auch in den nächsten drei Jahren auszugehen. China und Russland verlieren an Bedeutung Seit der letzten Befragung 2011 haben der chinesische und der russische Absatzmarkt an Bedeutung verloren (–3,9 bzw. –2,6 Prozentpunkte). Der Einbruch Chinas ist offensichtlich auf das verlangsamte Wachstum zurückzuführen. Gleichwohl wird China – nicht zuletzt aufgrund weiterhin dynamischer Wachstumsraten sowie angekündigter Wirtschaftsre­ formen 2 – in den kommenden drei Jahren als Exportmarkt wieder wichtiger. Im Fall Russlands tragen zweifelsohne die verhängten Sanktionen zum Bedeutungsverlust als Exportland bei. Die Erwartungen für die Zukunft zeigen: Russland verliert auch weiterhin als Empfänger von Waren und Dienstleistungen der großen Familienunternehmen an Bedeutung. Festzustellen bleibt: Russland rangiert zwar weiterhin unter den Top 10 der wichtigsten Exportländer. Es droht jedoch, den Anschluss zu verlieren. 1 2 20 Vgl. Auswärtiges Amt (2015a). Vgl. Auswärtiges Amt (2015b). Sechs von zehn großen Familienunternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften Drei Viertel der großen Familienunternehmen verfolgen – über den reinen Export hinaus – mindestens eine weitere Internationalisierungsstrategie. Dabei sind es insbesondere die industriellen und die beschäftigungsintensiven Familienunternehmen, welche umfangreiche Außenhandelsbeziehungen in Form eigenständiger Tochtergesellschaften oder Vertriebsund Servicegesellschaften pflegen. So haben fast sechs von zehn der großen Familienunternehmen Tochtergesellschaften, von denen zwei Drittel sogar im Ausland produzieren. Die Dominanz dieser Formen des Auslandsengagements deutet darauf hin, dass diesen großen Familienunternehmen die Präsenz vor Ort wichtig ist. Die Vorteile einer Anwesenheit vor Ort liegen dabei nicht zuletzt in einer höheren Kundenbindung, niedrigeren Transport- und Lohnkosten oder aber möglichen Steuervorteilen. Familienunternehmen setzen auf Tochtergesellschaften im Ausland Internationalisierungsformen (außer Export) in % 59,1 Tochtergesellschaft(en) im Ausland 47,7 Eigene Vertriebs- / Servicegesellschaft(en) im Ausland 42,2 Import 39,1 Eigene Produktionsstätte(n) im Ausland 31,8 Kooperationsabkommen mit Unternehmen im Ausland 28,0 Kapitalbeteiligung(en) an ausländischen Unternehmen 22,7 Lohnfertigungs- / Lohnveredelungsaufträge an Unternehmen im Ausland Lizenzvergabe / Franchiseverträge ins Ausland Nichts davon n = 396, Mehrfachnennungen 10,4 25,3 © IfM Bonn 1/ 2015 Dennoch: Auch Kooperationsabkommen (wie bspw. FuE-Koopera­tionen) mit Unternehmen im Ausland, die Vergabe von Lohnfertigungs- / Lohnveredelungsaufträgen und (Kapital-) Beteiligungen an ausländischen Unternehmen, die keine Präsenz vor Ort nach sich ziehen, sind weit verbreitete Formen des Auslandsengagements. 21 Rund jedes achte große Familienunternehmen agiert allein auf heimischen Märkten Im Geschäftsjahr 2014 wendeten rund 87 % der befragten großen Familienunternehmen mindestens eine der dargestellten Internationalisierungsstrategien an (siehe Summe der dunkelgrau unterlegten Flächen). Der Anteil auslandsaktiver großer Familienunternehmen, die 2014 allein exportierten und auf andere Internationalisierungsformen verzichteten, liegt bei 13 % (und damit leicht unter dem Anteil der Frühjahrsbefragung 2011 von etwa 14 %).1 ­Dieser Zusammenhang ist nicht erstaunlich, denn im Vergleich zum Export verlangen die anderen Internationalisierungsformen einen höheren Kapitaleinsatz und höheres Know-how. Das Gros der Familienunternehmen ist international aktiv Internationalisierungsgrad der größten Familienunternehmen in % Internationalisierungsformen (neben Export) Ja Nein ∑ Ja 66,6 13,1 79,7 Nein 7,2 13,1 20,3 ∑ 73,8 26,2 100,0 Export n = 374 © IfM Bonn 1/ 2015 Etwa 13 % der Befragungsteilnehmer agierten allein auf heimischen Märkten – insbesondere die kleineren unter den großen Familienunternehmen. 1 22 Vgl. Boerger / Lamsfuß / Wallau (2011, S. 16). Produktionsstandort China weiterhin attraktiv Eigene Produktionsstätten im Ausland stellen die weitreichendste Form der Internationalisierung dar. Dabei treibt die Unternehmen nicht nur ein zunehmender Preis- und Kostendruck ins Ausland, auch die Erweiterung von Kapazitäten und Präsenz vor Ort spielen eine immer größere Rolle. Von den großen Familienunternehmen, die bereits heute eigene Produktionsstätten im Ausland unterhalten, planen in den nächsten drei Jahren fast zwei ­Drittel weitere. Das sind deutlich mehr als in der Frühjahrsbefragung 2011. Bei der Standortwahl folgen die befragten Familienunternehmen dem aktuellen Trend, insbesondere entfernte und wachstumsorientierte Märkte zu erschließen1: So planen fast 60 % der befragten Familienunternehmen, Produktionsstätten in Asien (inkl. China und Indien) aufzubauen. Etwa 40 % wollen dies in Nordamerika tun. Mit deutlichem Abstand folgt die Eurozone (ohne Deutschland) mit knapp 26 %. Trotz der positiven Wachstumsaussichten spielen Produktionsstätten auf dem afrikanischen Kontinent für große Familienunternehmen (noch) keine große Rolle. Neue Produktionsstätten tendenziell in Asien und Amerika Von Unternehmen mit Produktionsstätten im Ausland geplante weitere Produktionsstätten nach Regionen in % Ist / Sind weitere Produktionsstätte(n) in den nächsten drei Jahren geplant? Asien (inkl. China und Indien) 58,8 40,2 Nordamerika 25,8 Eurozone (ohne Deutschland) Sonstige europäische Staaten (inkl. Russland und Türkei) 36,2 63,8 21,6 19,6 Deutschland 18,6 Andere EU-Mitgliedsstaaten Mittel- und Südamerika Afrika Nein Ja Australien / Ozeanien n = 152, Mehrfachnennungen 1 15,5 7,2 3,1 © IfM Bonn 1/ 2015 Vgl. Hoffmann / Holz / Kranzusch (2013, S. 33). 23 Im Vergleich zu 2011 planen jedoch weniger Familienunternehmen, Produktionsstätten in Asien zu errichten. Möglicherweise verlangsamt sich diese Form der Erschließung des asiatischen Marktes. Das heißt aber nicht, dass der asiatische oder insbesondere der chinesische Markt an Bedeutung verliert: Der chinesische Markt gehört weiterhin zu den bedeutsamsten Absatzmärkten der großen (Familien-)Unternehmen. Produktionsstandort Nordamerika wieder attraktiver Die Ergebnisse der aktuellen Befragung zeigen, dass der nordamerikanische Markt deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Die gute konjunkturelle Entwicklung, geringe Energiekosten, steigende Unternehmensgewinne und die Belebung des US-amerikanischen Arbeitsmarktes stellen für (Familien-)Unternehmen einen Anreiz für Investitionen in diesem Land in Form weiterer Produktionsstätten dar. Weniger bedeutend als Region für Produktionsstandorte sind die europäischen Länder außer­ halb der Eurozone. Angesichts des Ukraine-Russland-Konflikts und den Zweifeln an der Rechts­ staatlichkeit der Türkei sowie der Nähe der Türkei zu konfliktgeladenen Nachbarländern dürfte die Investition in weitere Produktionsstätten in dieser Region negativ beeinflusst haben. Verfügbarkeit von Geschäftspartnern hemmt Familienunternehmen Der Zugang zu ausländischen Märkten bietet Unternehmen Chancen, stellt sie aber auch vor besondere Herausforderungen. Die großen Familienunternehmen hindern insbesondere die Suche und Auswahl von verlässlichen Partnern im Ausland sowie Probleme mit recht­lichen bzw. politischen Rahmenbedingungen – also Faktoren, die maßgeblich den wirtschaftlichen Erfolg eines Auslandsengagements beim Eintritt in ausländische Märkte beeinflussen. Ein Vergleich von Familienunternehmen mit und ohne Beschäftigte im Ausland zeigt, dass jene nahezu alle abgefragten Hindernisse häufiger nennen als die Unternehmen ohne Auslandsbeschäftigte. Dies ist nicht ungewöhnlich, da davon auszugehen ist, dass (Familien-) Unternehmen mit Beschäftigten im Ausland das ausländische Marktumfeld über einen ­längeren Zeitraum kennen. Die größere Vertrautheit mit ausländischen Märkten lässt so­ mit eine bessere Einschätzung der Hindernisse bei der Erschließung von Auslandsmärkten zu. Gleichwohl unterscheiden sich die Rangfolgen der genannten Hemmnisse zwischen ­Familienunternehmen mit und ohne Auslandsbeschäftigte kaum. Dieser Befund deutet ­darauf hin, dass auch Unternehmen ohne die Erfahrung von Auslandsbeschäftigten – möglicherweise durch anderweitige Auslandsbeziehungen – durchaus die Hemmnisse bei der Erschließung des ausländischen Marktes einzuschätzen wissen. 24 Gesucht: verlässliche Partner Hindernisse bei der Erschließung (weiterer) ausländischer Märkte in % Suche bzw. Auswahl verlässlicher Partner im Ausland 36,8 Politische Rahmenbedingungen im Ausland 33,8 34,6 Handelsbeschränkungen bzw. Zölle 24,2 Infrastruktur im Ausland 15,4 n = 372, Mehrfachnennungen 20,8 17,4 Sprachbarrieren bzw. kulturelle Unterschiede 29,4 21,6 12,5 Probleme bei Rekrutierung von Fachkräften im Ausland Unternehmen mit Beschäftigten im Ausland 26,3 19,1 Zahlungsmoral im Ausland Nichts davon 31,4 20,6 Währungsrisiken Zu geringe öffentliche Unterstützung im Inland 44,5 38,1 Bürokratischer Aufwand Finanzierungsschwierigkeiten 45,3 31,6 Rechtliche Rahmenbedingungen im Ausland 45,8 28,7 8,1 11,0 7,6 5,1 16,9 33,8 Unternehmen ohne Beschäftigte im Ausland © IfM Bonn 1/ 2015 Dennoch: Unternehmen ohne Auslandsbeschäftigte äußern häufiger Befürchtungen hinsicht­ lich der Zahlungsmoral im Ausland. Diese Befürchtung mag auch durch die andauernde Eurokrise und Liquiditätsengpässe bei ausländischen Kunden an Brisanz gewonnen haben. Auch werden Sprachbarrieren bzw. kulturelle Unterschiede sowie Finanzierungsschwierigkeiten – also erfolgskritische Faktoren von Internationalisierungsprojekten – häufiger, und unter Umständen zu Unrecht, als Internationalisierungshemmnisse empfunden. 25 TTIP und seine Folgen für die großen Familienunternehmen Seit Mitte 2013 führen die USA und die Europäische Union Gespräche über die Handelsund Investitionspartnerschaft TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Ziel des Abkommens ist die Verringerung der Handelshemmnisse zwischen den beiden Handelspartnern etwa durch Zollerleichterungen, die Öffnung der US-amerikanischen Beschaffungs­ märkte und eine intensivere regulatorische Zusammenarbeit.1 Von der Umsetzung des ­Abkommens versprechen sich die Beteiligten einen Wachstumsschub für beide Volkswirtschaften. Insbesondere in der deutschen Bevölkerung wird das Abkommen kontrovers ­diskutiert. In der aktuellen Befragung hatten die großen Familienunternehmen die Gelegen­ heit, mögliche Vorteile des Abkommens zu bewerten. TTIP: Industrie profitiert Knapp die Hälfte der befragten Familienunternehmen unterhält Handelsbeziehungen mit den USA, so dass sie das geplante Abkommen unmittelbar betrifft. Das gilt insbesondere für die industriellen, exportstarken großen Familienunternehmen. Branchenübergreifend versprechen sich die meisten Unternehmen große Erleichterungen bei den Zöllen – zum Beispiel bei der Abfertigung und Administration sowie durch einen umfassenden Abbau von Zöllen. Nur rund 5 % der auf dem US-amerikanischen Markt tätigen Unternehmen erwarten sich keinen zusätzlichen Nutzen durch TTIP. 1 26 Vgl. Auswärtiges Amt (2015c). TTIP bringt deutliche Vorteile Vorteile des TTIP aus Sicht von Unternehmen, die bereits auf dem US-amerikanischen Markt tätig sind in % Ist Ihr Unternehmen auf dem US-amerikanischen Markt tätig? Vereinfachung bei der Zollabfertigung und Zolladministration 73,6 Anerkennung / Vereinheitlichung bei Test-, Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren 65,7 Umfassender Abbau von Zöllen 54,7 45,3 63,5 Anwendung int. Normen und Standards auf Ebene der ISO und der IEC 55,6 Vereinfachte Verfahren für die ­Entsendung von Fachkräften 45,5 Besserer Zugang zu den USamerikanischen Vergabemärkten Höhere Investitionssicherheit durch ­Investitionsschutzabkommen (bzw. durch private Schiedsgerichte) 28,1 19,1 Nichts davon 5,1 Nein Ja n = 395, Mehrfachnennungen © IfM Bonn 1/ 2015 Auch bei der gegenseitigen Anerkennung von Test-, Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren und der Anwendung internationaler Normen und Standards (auf Ebene der ISO und der IEC) sehen knapp zwei Drittel der Unternehmen den Vorteil eines Freihandelsabkommens mit den USA. Denn nicht zuletzt dürften dadurch aufwendige Zulassungs- und Konformitätsbewertungsverfahren entfallen, wovon insbesondere der industrielle Sektor profitieren dürfte. Nicht verwunderlich also, dass insbesondere die industriellen Familienunternehmen in mehrfacher Hinsicht Vorteile des TTIP sehen. Sie können TTIP überdurchschnittlich viele Vorteile abgewinnen. 27 Investitionsschutzabkommen weniger bedeutend Immerhin knapp jedes fünfte Familienunternehmen mit wirtschaftlichen Beziehungen ­in die USA profitiert nach eigenen Angaben von höheren Investitionssicherheiten durch Investitionsschutzabkommen (bzw. durch private Schiedsgerichte). Allerdings investieren viele Familienunternehmen nicht in den USA und würden daher von einem Investitionsschutzabkommen auch nicht unmittelbar profitieren. Leistungsfähigkeit im internationalen Wettbewerb wird (sehr) positiv eingeschätzt Die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen sind ein Ausdruck für die zunehmende Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschaft. In seiner Folge treten die deutschen (Familien-)Unternehmen verstärkt in Wettbewerb zu ausländischen Konkurrenten. Doch wie steht es um die Konkurrenzfähigkeit der großen Familienunternehmen im internationalen Vergleich? Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, wurden die großen Familienunternehmen in der aktuellen Erhebung erstmalig danach befragt, wie sie ihre Leistungsfähigkeit im Vergleich zu ausländischen Wettbewerbern einschätzen. Hier zeigt sich: Die Mehrheit der großen Familienunternehmen sieht sich im internationalen Wettbewerb überwiegend gut bis sehr gut aufgestellt. Ihre größten Stärken sind die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen sowie ihr Beratungs- und Service­angebot. Auch hinsichtlich der Nähe zum Kunden sowie ihres Innovationsgrades sehen sich die Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz mehrheitlich im Vorteil. Allerdings schätzen auch rund drei von zehn Familienunternehmen die Leistungsfähigkeit der ausländischen Wett­ bewerber in dieser Hinsicht gleichwertig ein. 28 Familienunternehmen: keine Angst vor internationaler Konkurrenz Bewertung der eigenen Position im Vergleich zu ausländischen Wettbewerbern in % 1,6 78,5 Qualität der Produkte / Dienstleistungen 19,9 1,4 76,1 Beratung und Service 22,5 66,2 Kundennähe 29,2 4,6 2,7 63,6 Innovationsgrad Marktposition, Marktanteil der Hauptprodukte / Dienstleistungen 33,7 57,4 34,5 42,3 Verhältnis Preis-Leistung (viel) besser gleich 43,6 8,1 14,1 (viel) schlechter n = 371 © IfM Bonn 1/ 2015 Handlungsbedarf beim Preis-Leistungs-Verhältnis Gute Qualität hat ihren Preis: Deutlich weniger große Familienunternehmen sehen im PreisLeistungs-Verhältnis eine Stärke (42,3 %). Ebenso viele schätzen, dass ihre ausländischen Wett­ bewerber in dieser Hinsicht genauso gut aufgestellt sind. Rund jedes siebte Unternehmen – und damit ein vergleichsweise hoher Anteil – beurteilt die ausländische Konkurrenz hier sogar als besser aufgestellt. Dieser Umstand kann bei Kaufentscheidungen ausschlaggebend sein, denn Produkte und Dienstleistungen, die in der Wahrnehmung der Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis versprechen, sind am Markt erfolgreich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die großen Familienunternehmen im ­internationalen Markt hervorragend positioniert sind (57,4 %), was mitunter auch auf die zuvor beschriebenen Leistungsvermögen zurückzuführen ist. 29 5. Finanzierung und Investitionen Seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Europäische Zentralbank ihr Zinsniveau auf ein Rekordtief gesenkt – nicht zuletzt um die wirtschaftlichen Aktivitäten anzukurbeln und die Unternehmen zu Investitionen anzuregen. Welche Auswirkungen hat die Niedrigzinsphase auf verschiedene Bereiche der Unternehmertätigkeit der großen deutschen Familienunternehmen und mit welchen Maßnahmen haben die Unternehmen auf die seit Jahren kontinuierlich sinkenden Zinsen reagiert? Auch diese Fragen standen im Mittelpunkt der aktuellen Befragung der größten Familienunternehmen Deutschlands. Niedrigzins: gemischte Zwischenbilanz Konsequenzen aus der Niedrigzinsphase in den letzten drei Jahren in % Finanzierungsmöglichkeiten insgesamt 53,1 50,7 Wettbewerb zwischen Kreditanbietern 30 7,0 22,2 50,5 30,2 1,9 21,0 gestiegen n = 375 54,6 19,3 Bedeutung des Zinsmanagements 3,6 55,6 23,2 (Gewinn-)Margen 3,7 45,7 37,4 Beiträge für Pensionsrückstellungen (Zins-)Aufwendungen für Kredite und Schuldendienste 43,2 77,1 gleich geblieben gesunken © IfM Bonn 1/ 2015 Niedrigzinsphase: Zinsaufwand sinkt – Finanzierungsmöglichkeiten steigen Das anhaltend niedrige Zinsniveau wirkt sich in mehrfacher Hinsicht positiv auf (Familien-) Unternehmen aus. So profitiert die große Mehrheit der Familienunternehmen (77,1 %) von einer sinkenden Zinsbelastung für bestehende Kredite infolge der niedrigen Zinsen. Auch gut für die Unternehmen: Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen berichtet, dass der Wettbewerb zwischen den Kredit­ anbietern zugenommen hat. Auch haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten insgesamt positiv entwickelt (53,1 %). Der Zugang zu und die Versorgung mit Krediten scheinen den großen Familienunternehmen derzeit also wenig Probleme zu bereiten. Zinssenkungen belasten Pensionsrückstellungen Im Zeitverlauf wirkt sich ein niedriges Zinsniveau negativ auf die Pensionsrückstellungen in Familienunternehmen aus. Betriebliche Pensionsversprechen mit festen Zinszusagen werden durch das niedrige Zinsumfeld für die Unternehmen teurer – normale Effekte wie beispielsweise Gehaltserhöhungen, die zum Anstieg der Rückstellungen führen, nicht eingerechnet. So wird der Zinssatz, mit dem Pensionsrückstellungen für HGB-bilanzierte Unternehmen abgerechnet werden, als Durchschnitt der vergangenen sieben Jahre berechnet. ­Bereits heute gibt ein Drittel der großen Familienunternehmen an, dass ihre Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge gestiegen sind. Diese zusätzlichen Aufwendungen müssen aus dem laufenden Geschäft erwirtschaftet werden – oder aber Investitionen oder Ausschüttungen reduziert werden. Auffällig ist jedoch auch: Mehr als die Hälfte der großen Familienunternehmen hat bisher nicht reagiert (55,6 %). Die niedrigen Zinsen werden die Unternehmen jedoch voraussichtlich noch auf Jahre belasten, selbst wenn das Zinsniveau wieder steigt – wofür es derzeit im Euroraum keine Anzeichen gibt. Damit stellt die Einhaltung der Pensionsrückstellungen die Unternehmen vor immer größere Herausforderungen. 31 Stärkung der Eigenkapitalbasis vs. höhere Investitionen: zweigeteilte Reaktion auf Niedrigzinsniveau Die Reaktionen der großen Familienunternehmen auf die anhaltend niedrigen Zinsen könnten unterschiedlicher nicht sein: 45,4 % der Familienunternehmen haben die niedrigen Zinsen genutzt, um ihr investives Engagement auszuweiten, während die andere Hälfte – und damit die Mehrheit der Unternehmen – trotz Rekordtief des Zinsniveaus darauf ­verzichteten. Gleichzeitig gibt knapp die Hälfte an, ihr Eigenkapital und ihre Liquiditäts­ reserve aufgestockt zu haben (47,7 bzw. 44,4 %). Niedrigzins: Unternehmen reagieren verhalten Maßnahmen, mit denen in den letzten drei Jahren auf die Niedrigzinsphase reagiert wurde in % 47,7 Erhöhung der Eigenkapitalausstattung 45,4 Erhöhung des Investitionsvolumens 44,4 Erhöhung des Liquiditätsvolumens 27,0 Erhöhung der Zinsbindungsfrist 22,7 Erhöhung des Fremdkapitalvolumens Vermehrte Investitionen in riskantere Geschäftsfelder Nichts davon n = 392, Mehrfachnennungen 4,1 18,6 © IfM Bonn 1/ 2015 Investitionszurückhaltung: Unternehmen wollen sich nicht weiter verschulden Zunächst erscheint es kontra-intuitiv, dass angesichts des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus die Mehrheit der befragten Familienunternehmen ihre Eigenkapitalausstattung erhöht und nicht verstärkt investiert hat. Die Gründe, aus denen die Unternehmen auf die Erhöhung ihres Investitionsvolumens trotz günstiger Zinsbedingungen bisher verzichteten, zeigen, dass die großen Familienunternehmen derzeit eher sicherheitsorientiert agieren. ­Gelten Familien­ unternehmen per se bereits als eher risikoavers, wird dies durch das un­sichere wirtschaft­ liche Umfeld vermutlich nochmals verstärkt. Die anhaltende wirtschaft­liche Schwäche wichtiger Handelspartner im Euroraum, das nachlassende Wachstum ­Chinas, aber auch 32 geopolitische Spannungen, wie die Ukraine-Krise, lassen die Unter­nehmen bei Investitionen zögern. Auch die investiven Rahmenbedingungen in Deutschland haben sich verschlechtert: Hohe Energiekosten, Frühverrentung und Mindestlohn führen bei den Unternehmen zu ­zusätzlichen Kosten und dürften ihre Investitionsneigung dämpfen. Nicht verwunderlich also, dass das geringe Zinsniveau in diesem Umfeld in nur wenigen Fällen (4,1 %) dazu geführt hat, dass Familienunternehmen in solche Geschäftsfelder investieren, die mit einem höheren Verlustrisiko verbunden sind. Damit einhergehend hat mit 44,3 % fast die Hälfte der Unternehmen von zusätzlichen ­Investitionen abgesehen, weil sie ihren Verschuldungsgrad nicht erhöhen wollten. Ihre ­Befürchtung: Ein höherer Verschuldungsgrad bedeutet ein höheres Kreditrisiko und damit eine riskantere Finanzierungsstruktur. Bei zu hoher Risikoaversion kann dieses Verhalten jedoch dazu führen, dass die Hebelwirkung aus eingesetztem Fremdkapital ungenutzt bleibt. Sie tritt dann in Kraft, wenn die Gesamtrendite einer Investition über den Kosten für den Fremdkapitaleinsatz liegt. Niedrigzins: keine Initialzündung für Investitionen Gründe, warum trotz Niedrigzinsumfeld das Investitionsvolumen nicht erhöht wurde in % Wurde das Investitionsvolumen in den letzten drei Jahren erhöht? Erhöhung des Verschuldungsgrades nicht gewünscht 44,3 41,4 Mangel an attraktiven Investitionsobjekten 45,4 54,6 Investitionen werden zu einem späteren Zeitpunkt getätigt Zu hohe Unsicherheit (bzgl. der Finanzmarktstabilität) Sonstiges Nichts davon Ja 23,8 14,8 13,4 16,7 Nein n = 392, Mehrfachnennungen © IfM Bonn 1/ 2015 Auch der Mangel an attraktiven Investitionsobjekten war für vier von zehn Unternehmen der Grund für den Verzicht, während fast ein Viertel der Unternehmen ihre Investitionen trotz extrem niedriger Zinsen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben haben. 33 Mehr finanzielle Stabilität durch Ausbau der Eigenkapitalbasis Gründe für die Erhöhung des Eigenkapitals in % Wurde das Eigenkapital in den letzten drei Jahren erhöht? Verbesserung der finanziellen Stabilität 87,0 73,7 Erhöhung der Unabhängigkeit Verbesserung der ­Finanzierungsmöglichkeiten 27,7 72,3 54,7 Hoher Ertrag (für die Gesellschafter) aus den Einlagen 32,3 Geringe Verzinsung alter­nativer ­Anlagemöglichkeiten 28,4 15,8 Unsicherheit am Finanzmarkt Nichts davon Nein 2,5 Ja n = 394, Mehrfachnennungen © IfM Bonn 1/ 2015 Das ausgeprägte Sicherheits- und Unabhängigkeitsstreben der großen deutschen Familienunternehmen zeigt sich auch darin, dass insgesamt fast drei Viertel der Unternehmen ihr Eigenkapital in den letzten drei Jahren erhöht haben. Die Verbreiterung der Eigenkapital­ basis und die damit verbundene Unabhängigkeit von externen Geldgebern zeigen nicht ­zuletzt, dass die Unternehmen vorsichtig geworden sind. Sie konnten damit vor allem ihre Finanzlage stabilisieren und ihre Unabhängigkeit erhöhen. Die Verbesserung der eigenen Finanzierungsmöglichkeiten stand bei der Eigenkapitalerhöhung für die Hälfte der Unternehmen im Mittelpunkt. 34 6. Ausblick Wirtschaftslage in 12 Monaten: Familienunternehmen sind optimistisch gestimmt Die positiven Konjunkturprognosen für 20151 teilen auch die großen Familienunternehmen: Zwei von drei Familienunternehmen (66,1 %) erwarten in den nächsten zwölf Monaten eine gute bis sehr gute Wirtschaftslage. Knapp jedes dritte rechnet mit befriedigenden Geschäftsaussichten. Von einer sich verschlechternden Wirtschaftslage gehen hingegen nur wenige Befragte aus. Kein Unternehmen prognostiziert eine deutliche Verschlechterung. Familienunternehmen blicken zuversichtlich in die Zukunft Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftslage in % 10,6 6,2 sehr gut 50,0 59,9 gut Gegenwärtige Wirtschaftslage 33,5 29,3 befriedigend 5,4 4,6 schlecht 0,5 0,0 sehr schlecht Zukünftige Wirtschaftslage (12 Monate) n = 389 © IfM Bonn 1/ 2015 Diese positive wirtschaftliche Stimmung kommt ebenso in den Umsatzerwartungen zum Ausdruck – so prognostiziert mehr als jedes zweite befragte Unternehmen Umsatzsteigerungen. Ganz wesentlich trägt die Konsumfreude im Inland zu dieser positiven Einschätzung bei: Durch die hohen Beschäftigungszahlen, steigende Löhne und Gehälter sowie niedrige Zinsen entwickelt sich die Inlandsnachfrage weiterhin zur tragenden Säule der wirtschaftlichen Entwicklung. 1 Der Sachverständigenrat prognostiziert für 2015 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 1,8 % (vgl. Sachverständigenrat 2015). 35 Positive Entwicklung der Exportzahlen Auch hinsichtlich des Exports sind die großen Familienunternehmen positiv gestimmt. Exportorientierte Unternehmen profitieren sowohl von dem derzeitigen niedrigen Rohölpreis als auch von dem schwachen Euro. Letzterer verbilligt deutsche Waren und Dienstleistungen im außereuropäischen Ausland und erhöht so deren Attraktivität insbesondere in den USA und China – den Hauptabsatzmärkten deutscher Exporte außerhalb Europas. Nicht erstaunlich also, dass – ähnlich wie in der Frühjahrsbefragung 2014 – etwa jedes dritte exportorientierte große Familienunternehmen derzeit von steigenden Exporterlösen ausgeht. Lediglich 4 % der Befragten erwarten rückläufige Exporte. Dennoch: Risiken bleiben. Andauernde Krisen, wie der Ukraine-Russland-Konflikt und das schwächere Wachstum Chinas, werden den Export zukünftig belasten. Auch das zeigen unsere Analysen deutlich auf. Familienunternehmen planen mehr Investitionen Angesichts der positiven Erwartungen für 2015 überraschen die Investitionspläne der ­befragten Familienunternehmen nicht: Rund 45 % von ihnen beabsichtigen, verstärkt zu investieren – sowohl im In- als auch im Ausland. Im Vergleich zu der letztjährigen Frühjahrsbefragung ist insgesamt eine höhere Investitionsneigung zu verzeichnen, die insbesondere – durch eine starke deutsche Binnennachfrage – auf inländische Investitionsvorhaben zurückzuführen ist. Investitionen stärken die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf lange Sicht und sichern nicht zuletzt Arbeitsplätze. Die ausländischen Investitionsplanungen werden sich eher moderater, wenngleich positiv, entwickeln – trotz der weiterhin schwelenden Staatsschuldenkrisen und militärischen Auseinandersetzungen, die ein investives Auslandsengagement erschweren bzw. zu höheren Risiken führen. Dennoch: Trotz niedriger Zinsen und hoher inländischer Binnennachfrage plant knapp jedes fünfte große Familienunternehmen Kürzungen bei den Investitionen. Von der sinkenden Investitionstätigkeit ist das Inland stärker betroffen als das Ausland (23 % bzw. 14 %). Anlass zur Sorge bereitet der Umstand, dass sich dieser Anteil im Laufe der Frühjahrsbefragungen der letzten drei Jahre erhöht hat. 36 Fast jedes zweite Familienunternehmen will mehr investieren Erwartete Entwicklung der Investitionen 2015 Insgesamt (n = 392) in % Im Inland (n = 389) Im Ausland (n = 259) 19,9 46,4 23,1 14,3 33,7 44,0 43,2 42,5 32,9 steigen bleiben gleich sinken  © IfM Bonn 1/ 2015 Ausblick 2015: Beschäftigungszuwachs erwartet Den Planungen für das Jahr 2015 zufolge geht die Mehrheit der an der aktuellen Frühjahrsbefragung teilnehmenden großen Familienunternehmen von gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen im In- und Ausland aus. Dennoch plant insgesamt mehr als jedes dritte große Familienunternehmen, im laufenden Kalenderjahr neue Mitarbeiter einzustellen – damit setzt sich der Trend der letzten Jahre auch für 2015 fort. Dabei sind Neueinstellungen häufiger im Aus- als im Inland geplant. Lediglich eins von zehn Unternehmen plant, 2015 Stellen abzubauen. Ist eine Reduktion des Personalbestands vorgesehen, betrifft dies häufiger Stellen im Inland (15,8 %) als im Ausland (6,1 %). Dennoch zeigt sich auch in dieser Hinsicht ein positiver Trend: Seit 2013 nimmt der Anteil der Unternehmen, die von einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen in Deutschland ausgehen, kontinuierlich ab. In der Summe ist auch 2015 – wie in den Jahren zuvor – mit einem positiven Beschäftigungseffekt zu rechnen. 37 Familienunternehmen schaffen Jobs Erwartete Entwicklung der Beschäftigtenzahlen 2015 Insgesamt (n = 394) in % 10,7 Im Inland (n = 392) Im Ausland (n = 262) 36,5 6,1 15,8 32,4 41,6 52,8 52,3 51,8 steigen  bleiben gleich sinken © IfM Bonn 1/ 2015 Auffällig ist, dass die steigenden Investitionsvorhaben mit keinem vergleichbaren Anstieg der Beschäftigtenzahlen einhergehen – nicht ungewöhnlich in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung. Dieser Umstand lässt auch darauf schließen, dass es sich in der Tendenz nicht um Erweiterungsinvestitionen zur Kapazitätssteigerung handelt, sondern um Ersatzoder Rationalisierungsinvestitionen, die dem Anlass dienen, nicht mehr funktionsfähige oder veraltete Anlagen auszutauschen. 38 Literaturverzeichnis Auswärtiges Amt (2015a): Wirtschaft und Umweltpolitik Polen, www.auswaertiges-amt.de/DE/ Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Polen/Wirtschaft_node.html, Abruf am 20.04.2015. Auswärtiges Amt (2015b): Wirtschaft China, www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/ Laender/Laenderinfos/China/Wirtschaft_node.html, Abruf am 20.04.2015. Auswärtiges Amt (2015c): Wirtschaftspolitik USA, www.auswaertiges-amt.de/ sid_0B3E20ECE3B474A27BE292DCCAE03999/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/ UsaVereinigteStaaten/Wirtschaft_node.html, Abruf am 21.04.2015. Boerger, S.; Lamsfuß, C.; Wallau, F. (2011): Die größten Familienunternehmen in Deutschland, Daten, Fakten, Potenziale, Frühjahrsbefragung 2011 im Auftrag der Deutsche Bank AG und des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Berlin / Frankfurt. DIHK (2015): DIHK: USA werden 2015 Hauptabnehmer deutscher Waren, www.dihk.de/ presse/meldungen/2015-03-30-treier-aussenhandel, Abruf am 20.04.2015. Hoffmann, M.; Holz, M.; Kranzusch, P. (2013): Außenwirtschaftsaktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen im Lichte der amtlichen Statistik, in: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg.): Daten und Fakten Nr. 9, Bonn. Lamsfuß, C. (2014): Die größten Familienunternehmen in Deutschland, Daten, Fakten, Potenziale – 5. Kenn­zahlen-Update, Herbst 2014, im Auftrag der Deutsche Bank AG und des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Berlin / Frankfurt. Lamsfuß, C.; Brink, S.; Wallau, F. (2014): Die größten Familienunternehmen in Deutschland, Daten, Fakten, Potenziale, Frühjahrs­befragung 2014 im Auftrag der Deutsche Bank AG und des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Berlin / Frankfurt. Lamsfuß, C.; Wallau, F. (2013): Die größten Familienunternehmen in Deutschland, Daten, Fakten, Potenziale – 4. Kenn­zahlen-Update im Auftrag der Deutsche Bank AG und des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Berlin / Frankfurt. Sachverständigenrat (2015): Aktualisierte Konjunkturprognose für das Jahr 2015, www.sachverstaendigenratwirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/pressemitteilungen/ svr_update_2015_lang.pdf, Abruf am 15.04.2015. Statistisches Bundesamt (2015a): Deutscher Außenhandel 2014, www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/Aktuell.html, Abruf am 23.04.2015. Statistisches Bundesamt (2015b): Außenhandel, Rangfolge der Handelspartner im Außen­ handel der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden, www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Handelspartner/Tabellen/RangfolgeHandelspartner. pdf?__blob=publicationFile, Abruf am 07.05.2015. Die vorliegende Studie präsentiert die Ergebnisse der Frühjahrsbefragung 2015 der größten Familienunternehmen in Deutschland mit Jahresumsätzen von 50 Mio. und mehr Euro. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf den aktuellen und künftigen Auslandsaktivitäten der großen Familienunternehmen. Außerdem wurden die Familienunternehmen zur gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftslage, zu den größten Risiken der nächsten 3 Jahre und zu ihrem Finanzierungs- und Investitionsverhalten unter Berüksichtigung der Niedrigzinsphase befragt.